Kunst in Frankfurt 1922-2022

10 Spotlights aus 100 Jahren: Frankfurter Kunst 1922–2022. Herausgegeben vom Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main. Texte von Dr. Claudia Caesar und Claudia Knöpfel. Frankfurt am Main 2022

 

Einführung

10 Spotlights beleuchten die Entwicklungen des Frankfurter Kunstgeschehens der letzten hundert Jahre. Folgen Sie unserem Zeitstrahl, um Näheres über zehn ausgewählte wichtige Institutionen, Persönlichkeiten und Momente der Frankfurter Kunstgeschichte zu erfahren. Die Kürze der Texte und die Beschränkung auf zehn Aspekte machen den Anspruch bereits deutlich: Wir bieten keinen Überblick über den großen Themenkomplex „Kunst in Frankfurt“, sondern möchten kurz und knapp eine Orientierung ermöglichen.

Den Anfang macht die Frankfurter Künstlerhilfe, die 1922 aus der Taufe gehoben wurde. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, in Frankfurt lebende Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen und gleichzeitig eine Sammlung ihrer Werke aufzubauen.

Die aus dieser Förderung hervorgegangene Städtische Kunstsammlung gibt es bis heute – wenn auch geschmälert durch die nationalsozialistische Kunstpolitik, Kriegsschäden und weitere Verluste. Aus der Sammlung entliehene Werke schmücken die Verwaltungsgebäude der Stadt und bilden ein lebendiges Gedächtnis der Frankfurter Kunst der letzten hundert Jahre. Und sie machen Frankfurt für Künstlerinnen und Künstler, und damit auch für alle Bürger, attraktiver.

Die Sammlung umfasst vor allem Gemälde, Grafiken und Fotografien. Ziel der Sammlungstätigkeit war und ist die Förderung Frankfurter Künstlerinnen und Künstler, und zwar zum einen durch den Ankauf ihrer Werke und zum anderen durch Präsentationen, die Zugang zu einer breiteren Öffentlichkeit bieten. In diesem Sinne ist auch dieser Einblick zu verstehen.

Dr. Claudia Caesar (CC) und Claudia Knöpfel (CK) 

 

------------------------------------------1922----------------------------------------

Die Frankfurter Künstlerhilfe

Anfang 1922: Etwas mehr als drei Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs und Gründung der Weimarer Republik hat sich die deutsche Wirtschaft noch nicht von den Folgen des Kriegs erholt. Deutschland steckt mitten in der Inflation. In dieser Situation entschließen sich Frankfurter Bürgerinnen, eine Förderung für Künstlerinnen zu initiieren. Den Vorsitz der privaten Initiative, die der Centrale für private Fürsorge (dem heutigen Bürgerinstitut) angegliedert ist, übernimmt der Frankfurter Amtsgerichtsrat und Vorsitzende des Jüdischen Kulturbunds Ernst Moritz Levi. Federführend beteiligt ist außerdem der Frankfurter Künstler und Vorsitzende des Frankfurter Künstlerbunds Jakob Nussbaum. Ermöglicht wird die Fördermaßnahme vor allem dank einer Finanzspritze aus New York: Der Bankier James Speyer hatte seinem Frankfurter Schwager eine größere Summe zur Verfügung gestellt.

Die Mittel sollen notleidende Frankfurter Künstler*innen unterstützen, insbesondere durch den Erwerb von Werken. In der Jury, die über die Ankäufe entscheidet, sitzen neben Levi und Nussbaum auch Vertreter der Frankfurter Künstlergesellschaft. Bereits zwei Jahre nach Gründung der Künstlerhilfe fließen auch städtische Mittel in das Vorhaben ein, und der Ausschuss wird um Magistratsmitglieder ergänzt. Außerdem zieht man in den folgenden Jahren Kunstsachverständige hinzu, wie Dr. Alfred Wolters, Kunsthistoriker am Städel Museum und an der diesem angeschlossenen Städtischen Galerie, und Professor Fritz Wichert, ebenfalls Kunsthistoriker und Leiter der Frankfurter Kunstschule, aber auch Vertreter des Hochbauamts, so zeitweise Martin Elsaesser und Ernst May.

In den ersten Jahren ihres Bestehens ging es bei der Künstlerhilfe vor allem darum, Künstlerinnen zu unterstützen, die in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen lebten. 1925 änderte sich dies, und ein Magistratsbeschluss legte ein doppeltes Ziel fest: Die Künstlerhilfe sei „nicht nur ein soziales Hilfswerk, sondern dient auch der Förderung der Kunst in Frankfurt bei Unterstützung Frankfurter Künstler“. 1928 ging die Künstlerhilfe schließlich gänzlich in städtische Hand über. Zeitgleich wurde festgelegt, dass die mit ihrer Unterstützung erworbenen Werke der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, also in öffentlichen Gebäuden sowie Museen ausgestellt werden sollten. Wichtige Grundsätze für den Erwerb von Arbeiten waren die Zugehörigkeit derdes jeweils Geförderten zur Frankfurter Kunstszene sowie die künstlerische Qualität ihrer*seiner Werke – zwei Voraussetzungen, die bis heute Gültigkeit haben.

Der Ankauf der Arbeiten erfolgte zumeist in größeren Ausstellungen sowie über Empfehlungen und Anträge der städtischen Museen, wobei möglichst das ganze Spektrum Frankfurter Kunst abgedeckt werden sollte. Bis 1933 kaufte die Kommission zum Beispiel Werke von Ugi Battenberg, Fritz Wucherer, Max Beckmann und Willi Baumeister an. Darunter befanden sich auch echte Meisterwerke, die allerdings heute nicht mehr alle in Frankfurt sind. So ist etwa der Verbleib von Baumeisters Atelierbild III von 1929, das mithilfe der Künstlerhilfe für die Städtische Galerie erworben wurde, unbekannt – da es 1937 im Zuge der nationalsozialistischen Aktion „entartete“ Kunst aus dem Museum entfernt wurde.

CC

 

------------------------------------------1924------------------------------------------

Eine neue Kunstschule in einer neuen Stadt

September/November 1924: Das bürgerlich-nationale Bündnis, das nach den Landtagswahlen in Thüringen die Mehrheit hat, kürzt den Etat des Weimarer Bauhauses um die Hälfte und entlässt die Bauhauslehrer zum 31. März 1925. Daraufhin bemühen sich einige Städte, die Schule an sich zu ziehen; so auch Frankfurt, wo der Kunsthistoriker Fritz Wichert die Geschicke der neuen Frankfurter Kunstschule leitet. Bereits ein Jahr zuvor hatte er das Direktorenamt übernommen und damit die Aufgabe, Kunstgewerbeschule und Städelschule zusammenzuführen, denn beide waren kurz zuvor in marodem Zustand in städtische Trägerschaft übergegangen. Ziel von Wicherts Projekt ist es, eine Kunstschule zu schaffen, die angewandte und freie Kunst unter einem Dach vereint und dadurch Kunst und Leben miteinander verzahnt.

Es ist allgemein bekannt, dass das Bauhaus sich schließlich für Dessau als Standort entschied; weniger bekannt ist möglicherweise, dass einige der Bauhauslehrer nach Frankfurt wechselten, so der Grafiker Karl Peter Röhl, der Architekt Adolf Meyer, der Bildhauer Josef Hartwig und der Silberschmied und Industriedesigner Christian Dell. Zeitgleich erhielten auch der Bildhauer Richard Scheibe und der Maler Max Beckmann eine Professur an der neuen Kunstschule. 1928 gelang es, mit Willi Baumeister einen weiteren international renommierten Künstler nach Frankfurt zu holen. Er übernahm die Klasse für Typografie und Werbegrafik.

Damit war für das innovative Projekt ein beeindruckender Lehrkörper zusammengekommen. Beckmann war damals zweifellos einer der wichtigsten deutschen Künstler und plante eigentlich, nach Paris zu gehen. Dass er in Frankfurt blieb, ist ebenfalls dem Einsatz Wicherts zu verdanken. Im Gegenzug erhielt er gewisse Freiheiten. So kam er beispielsweise meist nur einmal wöchentlich zur Korrektur in die Schule – was verständlicherweise zu Missstimmungen im übrigen Lehrkörper führte. Seine handverlesenen Schüler*innen, darunter etwa Inge Dinand, Theo Garve und Karl Tratt, schätzten ihn hingegen sehr und betonten, dass er trotz seiner starken Künstlerpersönlichkeit die Freiheit über alles stelle. So charakterisierte Marie-Louise von Motesiczky, die wegen Beckmann aus Wien ans Städel gekommen war, die Einstellung ihres Lehrers so: „… was aber ein Schüler für seinen eigenen Weg nötig habe, müsse er selbst finden.“

Die von Wichert organisierte neue Kunstschule schreibt sich in einen allgemeinen Aufbruch ein, der die 1920er-Jahre in Frankfurt bestimmte und maßgeblich von dem seit 1924 amtierenden Oberbürgermeister Ludwig Landmann initiiert wurde. Ein zentraler Baustein war dabei die architektonische Neugestaltung der Stadt. 1925 nahm Ernst May seine Tätigkeit als Frankfurter Stadtbaurat auf und versammelte ein ganzes Team um sich, darunter Martin Elsaesser, Adolf Meyer und Margarete Schütte-Lihotzky. Eine Vielzahl von Bauten entstand in den folgenden Jahren, die das Gesicht der Stadt dauerhaft verändern sollten – etwa die Siedlung Römerstadt, die Hallgartenschule und die Großmarkthalle. Ein Forum fand diese moderne Entwicklung in der Zeitschrift Das Neue Frankfurt, die ab 1926 erschien, zunächst herausgegeben von Ernst May, ab 1928 zusammen mit Fritz Wichert. Hier wurden die Synergien dieses revolutionären Aufbruchs, zu dem auch die neue Frankfurter Kunstschule genuin gehörte, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.

CC

 

------------------------------------------1937------------------------------------------

„Entartete Kunst“ – Verfemung und Vertreibung

7. Juli 1937: Eine Kommission unter der Leitung des Kunstmalers Adolf Ziegler kommt ins Frankfurter Städel Museum. Die Herren sind in ganz Deutschland auf der Suche nach Material für eine Ausstellung, die der Verunglimpfung der modernen Kunst dienen soll. Dabei ist rassistisches Denken federführend: Man sucht Werke, die die sogenannte „Verfallskunst“ repräsentieren und dem von der nationalsozialistischen Ideologie geprägten Bild des „deutschen Menschen“ – groß, blond, stark, gesund – nicht entsprechen. Kurz danach wird die Feme-Ausstellung in München eröffnet und tourt anschließend durch mehr als zehn deutsche Städte. 1939 wird sie auch in Frankfurt gezeigt.

Insgesamt wurden im Laufe der Aktion „Entartete Kunst“ 20.000 Werke aus öffentlichen Museen entfernt und später enteignet – ein meistenteils unwiederbringlicher Verlust für die Sammlungen. So verlor die Städtische Galerie, also die Sammlung moderner Kunst des Städel Museums, eine Reihe von Meisterwerken, darunter das wegweisende Bildnis des Dr. Gachet von Vincent van Gogh. Aber auch Arbeiten weniger bekannter, mit Frankfurt verbundener Künstler wie Georg Heck und Armin Stern gingen der Stadt verloren.

Direkt nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im Januar 1933 hatte die Verfolgung jüdischer und politisch nicht konformer Künstler*innen begonnen. Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ waren viele aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden, so die Städel-Professoren Max Beckmann und Willi Baumeister, aber auch der Generaldirektor der Frankfurter Museen Georg Swarzenski, der bis 1938 nurmehr als Leiter des privaten Städel Museums im Amt blieb. Am 10. Mai war es dann zur Bücherverbrennung auf dem Römerberg gekommen. Diese in mehreren deutschen Städten durchgeführte, studentisch organisierte Aktion gilt als einer der ersten konzertierten Angriffe des neuen Regimes auf die intellektuelle Elite der Weimarer Republik.

In den folgenden Jahren entfernten die nationalsozialistischen Machthaberinnen außerdem eine Reihe von Kunstwerken unliebsamer Künstlerinnen aus dem Stadtbild. So etwa das Wandgemälde von Hanns Ludwig Katz in der Schwarzburgschule, weil der Künstler Jude war und einen expressiven Malstil vertrat, und das Heine-Denkmal des Berliner Bildhauers Georg Kolbe, weil Heine als Jude und Intellektueller den Nazis ein Dorn im Auge war. Ausstellungen moderner Kunst, die teilweise noch immer stattfinden konnten, erhielten vernichtende Kritiken.

Künstlerinnen jüdischer Abstammung drohten in Deutschland ab 1933 Berufs- und Ausstellungsverbote. Unter diesem Druck entschlossen sich viele zur Emigration. Unter ihnen der Maler Jakob Nussbaum, der 1933 nach Palästina auswanderte, der Bildhauer Benno Elkan, der sein Atelier im Kreuzgang des Karmeliterklosters aufgab und 1934 nach London emigrierte, und der Maler und Beckmann-Schüler Léo Maillet (geboren als Leopold Mayer), der 1934 nach Frankreich floh. Maillet wurde 1942 in Südfrankreich interniert, ihm gelang die Flucht aus dem Deportationszug, der ihn nach Auschwitz bringen sollte. Aber nicht alle konnten entkommen: Die expressionistische Malerin Rosy Lilienfeld und die Fotografin Nini Hess wurden in Auschwitz ermordet, der Maler, Grafiker und Kunstschriftsteller Hermann Lismann in Majdanek – um nur einige Künstlerinnen zu nennen, die dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer fielen.

CC

 

------------------------------------------1946------------------------------------------

Neuanfang nach der Zerstörung

21. Juli 1946: In Frankfurt wird in einer Schule im Stadtteil Riederwald die erste Ausstellung nach Kriegsende eröffnet. Hauptvoraussetzung für die Teilnahme ist die politische Unbelastetheit, erst danach kommt das qualitative Niveau der ausgestellten Werke – man legt Wert auf einen echten Neuanfang. Organisiert wird die Schau vom Schutzverband Bildender Künstler, einer Unterabteilung der Gewerkschaft Freie Berufe, die damit ihren Mitgliedern eine Ausstellungsmöglichkeit bietet. Dies ist in Frankfurt direkt nach dem Krieg eine schwierige Aufgabe. Denn die Stadt liegt in Trümmern. Aber nicht nur das: Das nationalsozialistische Regime hat neben dem faktischen Vernichtungskrieg auch alle kulturpolitischen Strukturen zerstört. Die Entwicklung moderner Kunst ist abgeschnitten, es gibt keine Kontakte zur internationalen Kunstszene mehr, jüdische und politisch unliebsame Künstler*innen sind emigriert oder tot, viele andere kehren gerade erst von der Front zurück. In den Frankfurter Brandnächten 1944 wurden zudem einige Ateliers vollständig zerstört, so das von Georg Heck, Gottfried Diehl und Ferdinand Lammeyer, die damit auch große Teile ihrer künstlerischen Produktion verloren.

Der Bedarf an Ausstellungsmöglichkeiten und Orten des Austauschs war in dieser Situation naturgemäß erheblich. Dies war auch der wichtigste Motor für die Selbstorganisation der Künstlerinnen: Neben der Gewerkschaft gründete sich zeitgleich in Frankfurt der Berufsverband Bildender Künstler unter dem Vorsitz von Wilhelm Kesting. Einige der an der oben genannten Ausstellung beteiligten Künstlerinnen, darunter Fritz Simon, Georg Dickenberger und Arthur Fauser, schlossen sich noch 1946 zur Gruppe Junge Kunst zusammen, der es bald gelang, ein Ausstellungslokal in der Marienstraße aufzutun. Aus diesem Kreis ging ein weiteres innovatives Projekt hervor: die 1949 gegründete, genossenschaftlich organisierte Ateliergemeinschaft Werkhof, die bis 1953 in der Vilbeler Straße 29 residierte und dort über Ateliers sowie einen Ausstellungsraum und Werkstätten verfügte.

1947 organisierten auch Kunstverein und Städel Museum wieder Ausstellungen. Im selben Jahr eröffnete ferner das Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath. Die in Hofheim lebende Kunsthändlerin und Künstlerin, eng vernetzt in der Kunstszene der Zwischenkriegszeit und beispielsweise befreundet mit Karl Schmidt-Rottluff und Alexej von Jawlensky, hatte sich während der gesamten Zeit des Nationalsozialismus für verfemte Künstlerinnen eingesetzt, ihnen Zuflucht geboten und trotz Verboten versucht, ihre Werke zu verkaufen. Nun präsentierte sie diese Arbeiten in ihrer Frankfurter Galerie und bot damit nicht zuletzt jungen Frankfurter Künstlerinnen erstmals die Gelegenheit, die in der Zeit des Nationalsozialismus verbotene Kunst im Original zu sehen. Außerdem stellte sie 1949 aktuelle französische und amerikanische Positionen aus. Daneben konnte man sich auch in der Bibliothek des 1946 gegründeten Amerika Hauses in Journalen und Zeitungen über die internationale Kunstszene informieren.

CC

 

------------------------------------------1952------------------------------------------

Zimmergalerie Franck – Wohnzimmer der Moderne

11. Dezember 1952: Die Ausstellung Neuexpressionisten in der Zimmergalerie Franck öffnet ihre Tore. Die beteiligten Künstler – Karl Otto Götz, Otto Greis, Heinz Kreutz und Bernard Schultze – zeigen 13 kleine Ölgemälde. Bei der Eröffnung preist der Dichter René Hinds die Ausstellung als „Sturmritt einer Quadriga malbesessener, um viele Halslängen dem Pferdchenkarussell, der Schindmährenkoppel, den Manegetummlern oder Pferdeverstandeszüchtern Runden voraus“. Damit belegt er die Gruppe mit einem Namen, der Geschichte schreiben sollte: Quadriga.

Bereits drei Jahre zuvor hatte sich Klaus Franck, ein Versicherungsangestellter, der selbst in Berlin Kunst studiert hatte, entschlossen, in seiner Zweizimmerwohnung in der Böhmerstraße 7 im Frankfurter Westend Ausstellungen zu veranstalten und damit der aktuellen Kunst ein Forum zu geben. Von Anfang an standen bei Franck auch Lesungen, Vorträge und Diskussionsrunden auf dem Programm, so wurde etwa über Dadaismus und Jazz referiert, und man traf sich zu Lesungen von Paul Celan und Wolfgang Borchert. Dabei war die Galerie ein Zuschussunternehmen und die Eigeninitiative der Künstler*innen gefragt, die zum Beispiel meist selbst für die Einladungskarten sorgten, die Franck dann auf seine Kosten verschickte.

Götz, Greis, Kreutz und Schultze schlossen mit ihren 1952 bei Franck ausgestellten Arbeiten zur internationalen Kunstszene auf. Es war die erste Ausstellung des Informel in Deutschland. Dabei zeigten alle vier Künstler eine jeweils individuelle Formulierung dieses abstrakten, „un-förmigen“ Stils. Denkbar war dies nur, weil sie sich direkt mit der Pariser Kunstszene auseinandergesetzt hatten. Der erste, der trotz Reisebeschränkungen Paris aufsuchte, war Karl Otto Götz: Bereits 1950 war er in der französischen Hauptstadt und knüpfte persönliche Kontakte. Nachdem er sich im selben Jahr in Frankfurt niedergelassen hatte, war er maßgeblich dafür verantwortlich, dass die internationale Moderne auch in der Zimmergalerie Franck gezeigt wurde. So wurde Frankfurt zum Epizentrum des Informel im Nachkriegsdeutschland.

Wie feindlich das allgemeine Klima gegenüber der neuen Kunst noch war, zeigt eine Reaktion auf die Ausstellung des jungen Arnulf Rainer bei Franck, die im Februar 1952 in der FAZ folgendermaßen besprochen wurde: „Automatik – optische Auflösung – Blindmalerei – Zentralgestaltung; das alles hat mit Kunst nichts mehr zu tun, denn hier werden Geist und Bewußtsein – so heißt es – absichtlich ausgeschaltet.“

In der Zeit ihres Bestehens zeigte die Zimmergalerie Franck, ab 1954 in der Vilbeler Straße 29 ansässig, Werke national und international bekannter Künstler*innen, darunter zum Beispiel Heinrich Wildemann und Ida Kerkovius aus Stuttgart, Rolf Cavael aus München, Jean-Paul Riopelle und Jacques Hérold aus Paris sowie Giuseppe Capogrossi aus Rom. Neben den Quadriga-Malern gab sie aber auch anderen Frankfurter Künstler*innen die Möglichkeit, ihre Werke zu präsentieren, so etwa Erich Martin, Louise Rösler, Hans Steinbrenner und Gerhard Hintschich. Bis 1961, als die Galerie schloss, hatte Franck insgesamt fast 140 Ausstellungen abgewickelt – das macht im Durchschnitt etwa eine Ausstellung monatlich.

CC

 

------------------------------------------1962------------------------------------------

Der Frankfurter Kunstverein – die Frankfurter Institution für aktuelle Positionen

9. November 1962: Mit einer Ausstellung von Werken Edvard Munchs eröffnet das erste eigene Domizil des Kunstvereins der Nachkriegszeit im Steinernen Haus. Gezeigt werden 60 Gemälde und Grafiken Munchs, darunter so bekannte Arbeiten wie die Madonna von 1893. Das Echo bei Publikum und Presse ist groß, und Direktor Ewald Rathke zeigt sich begeistert, dass es gelungen ist, einen so umfassenden Überblick über das Werk des Norwegers zusammenzutragen.

Vorausgegangen war ein dreijähriger Wiederaufbau des im Zweiten Weltkrieg bis auf die Grundmauern zerstörten Gebäudes. Insgesamt 2,4 Millionen Mark lässt sich die Stadt diese Investition kosten; erstmals nach dem Krieg finanziert sie damit wieder einen Kulturbau. Die Symbiose aus historischer Rekonstruktion und modernem Anbau bietet den idealen Raum für das zukunftsgerichtete, progressive Programm des Kunstvereins.

Hochkarätig ging es weiter, etwa mit Arbeiten von Paula Modersohn-Becker oder dem italienischen Zeichner, Maler und Bildhauer Amedeo Modigliani. Damit gelang es dem Kunstverein endgültig, an die Erfolge der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Gegründet worden war er bereits 1829, und somit ist er einer der ältesten – und zudem größten – Kunstvereine Deutschlands. Ziel und Zweck war und ist es, die Künste selbst und den Kunstsinn der Bürger*innen einer vorwiegend vom Handel geprägten Stadt zu fördern sowie Kunstwerke für die Öffentlichkeit anzukaufen.

1861 war in der Junghofstraße ein Bau errichtet worden, der dem Kunstverein bis 1944 als Ausstellungsort dienen sollte. Zahlreiche Positionen waren dort über die Jahrzehnte zu sehen, darunter in den 1920er- und 1930er-Jahren Max Beckmann und Willi Baumeister und andere Künstlerinnen der Städelschule. 1944 wurde das Gebäude zerstört und 1945 der – infolge des Nationalsozialismus ohnehin bereits geschwächte – Verein von der amerikanischen Militärregierung vorübergehend verboten. Untergekommen in der Eschenheimer Anlage, machte es sich der Kunstverein ab 1948 zur Aufgabe, insbesondere solche Künstlerinnen zu zeigen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und verfemt worden waren.

Mitte der 1950er-Jahre ließen sich die Räumlichkeiten nicht länger finanzieren, sodass der Kunstverein zunächst mit provisorischen Quartieren vorliebnehmen musste, bis er seine heutige Adresse am Römerberg beziehen konnte. Mehr und mehr entwickelte sich seine Zielsetzung von einem reinen Ausstellungsort zeitgenössischer Kunst hin zu einem interdisziplinären Konzept. Und in den Ausstellungen und Angeboten spielten entsprechend Theorien und Erkenntnisse aus Naturwissenschaft und Technik, philosophische Diskurse und neuartige Ansätze der Wissensvermittlung eine immer wichtigere Rolle. Gerade in den letzten Jahren rückten dabei relevante und drängende Themen wie gesellschaftliche Veränderungen, das Verhältnis von Mensch und Natur oder der Klimawandel in den Mittelpunkt. Dabei kamen und kommen internationale ebenso wie regionale Künstler*innen zum Zuge, so etwa das Duo Winter/Hörbelt, das das Gebäude des Kunstvereins 2019 mit einer monumentalen, ortsspezifischen Installation bespielte.

CK

 

------------------------------------------1965------------------------------------------

Die Studiogalerie – ein universitärer Versuch

2. Juni 1965: Die amerikanische Cellistin Charlotte Moorman und der koreanische Medienkünstler Nam June Paik veranstalten eines ihrer aufsehenerregenden Fluxus-Konzerte in den Räumen der Studiogalerie. Frankfurt ist die zweite Station ihrer ersten Europa-Tournee, nach der Kölner Galerie Zwirner. Dem Publikum werden in dieser Form bis dahin noch nie gesehene Performances mit viel nackter Haut präsentiert. Moorman, bekannt geworden als „Topless Cellist“, agiert als Kunstfigur, die in durchsichtiges Plastik gehüllt oder oben ohne, patschnass einer Wassertonne entsteigend, ihr Instrument in allen Lagen bearbeitet.

Dokumentiert ist das Ereignis lediglich durch Fotografien von Inge Werth, entstanden wohl während der Proben, sowie einige Presseberichte. Entgegen dem Fazit der organisatorisch Verantwortlichen von einer „gelungenen, außerordentlichen Provokation“ kommt die schreibende Zunft zu weniger euphorischen Bewertungen – von „ganz hübsch“ bis zu „Unterhaltung durch Langeweile“. Dennoch kommt es im Sommer des Folgejahrs zu einer Neuauflage, abermals mit geteiltem Echo.

Dies dient nur als ein Beispiel dafür, wie die Studiogalerie ihren Anspruch verfolgte, neueste Kunstentwicklungen an die Studierendenschaft und andere Interessierte zu vermitteln. Der Ausstellungsraum in der Goethe-Universität war 1964 eröffnet worden und bestand bis 1968 – wobei er ebenso plötzlich wieder schloss, wie er ins Leben gerufen worden war.

Die Quellenlage rund um das Projekt ist dürftig; klar wird aber, worum es ging: Schlagworte wie „Kunst für alle“ vermitteln die Herangehensweise und das Ziel, einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu bildender Kunst zu eröffnen. Dabei sollten Künstler*innen im Mittelpunkt stehen, die noch nicht etabliert waren. Initiator Siegfried Bartels, von Haus aus Soziologiestudent mit Kontakten in die Kunstszene, und den übrigen Beteiligten ging es darum, ein konsequent avantgardistisches Programm zu erarbeiten.

Startpunkt war eine Ausstellung zum Thema Neue Graphik im Sommer 1964, die vier Künstler zeigte – darunter den heute sehr bekannten Arnulf Rainer. Er sollte nicht der Einzige unter den Ausgestellten bleiben, der früher oder später zu – zum Teil auch internationaler – Bekanntheit gelangte. Die Studiogalerie zeigte Werke von in Frankfurt tätigen Künstler*innen wie Reimer (später Raimer) Jochims, Hans Steinbrenner, Charlotte Posenenske und dem jung verstorbenen Peter Roehr, aber auch Positionen von außerhalb. Darunter waren frühe Nagelbilder von Günther Uecker, Werke der Op-Art von Victor Vasarely – und erstmals überhaupt in Deutschland Arbeiten von Carl Andre, Sol LeWitt und Agnes Martin. Die große Bandbreite sollte den Blick der Besucher*innen schärfen und dazu anregen, sich auch über die Ausstellungen der Studiogalerie hinaus mit zeitgenössischer Kunst zu beschäftigen.

So enthusiastisch alle, und besonders Bartels, an die Sache herangingen – sie arbeiteten unentgeltlich –, so wenig Unterstützung von offizieller Seite erfuhren sie. Zwar steuerte der AStA gewisse finanzielle Mittel bei, diese deckten aber oftmals nicht die Kosten. Im Sommer 1968 kam es schließlich zur letzten Ausstellung mit Werken des Bildhauers Eberhard Fiebig und des Grafikers Heijo Hangen, in zahlreichen Aufnahmen festgehalten von der in Frankfurt arbeitenden Fotografin Barbara Klemm.

CK

 

------------------------------------------1985------------------------------------------

Hilmar Hoffmann – „Kultur für alle!“

25. April 1985: Nach dreijähriger Bauzeit wird am Sachsenhäuser Mainufer das Museum für Kunsthandwerk (heute Museum Angewandte Kunst) eröffnet. Vorausgegangen war eine internationale Ausschreibung, die der renommierte amerikanische Architekt Richard Meier für sich entschieden hatte. Es entsteht ein stimmiges Ensemble aus den – typisch für Meier – in Weiß gehaltenen drei Kuben des Neubaus, der historischen Villa Metzler und dem umgebenden Park, der ebenfalls neu gestaltet und angelegt wird.

Als eines der ersten Museen nach Entwurf Meiers und sein erstes Projekt auf deutschem Boden sorgt der Bau für Aufsehen und wird unter Teilnahme von viel Prominenz aus Politik und Gesellschaft eingeweiht. Die lichtdurchfluteten Räume schaffen eine transparente Atmosphäre und verzahnen Innen- und Außenraum miteinander. Nicht verwunderlich also, dass solch ein Gebäude zentraler Bestandteil eines Konzepts ist, das sich über die folgenden Jahre und Jahrzehnte bewähren soll: des Museumsufers.

Die letztliche Idee dazu stammte vom damals amtierenden Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann – wenn es auch Überlegungen in dieser Richtung schon früher gegeben hatte. Im Kommunalwahlkampf 1977 sprach Hoffmann sich dafür aus, dort, wo sich schon Museen von Rang und Namen fanden, noch weitere anzusiedeln und sie alle unter einer Dachmarke zusammenzubringen. Mitstreiter für sein Ansinnen fand er unter anderem im frisch gewählten Oberbürgermeister Walter Wallmann sowie in Roland Burgard, Abteilungsleiter für die Kultur- und Sportbauten im Hochbauamt der Stadt.

In den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten hatten Kunst und Kultur eher ein Schattendasein in Frankfurt geführt – zumindest, was den städtischen Haushalt betraf. Mit der Ära Hoffmanns, der 1970 sein Amt übernommen hatte, begann sich dies langsam zu ändern: Eine Aufstockung des Etats auf bis zu elf Prozent des Jahreshaushalts eröffnete ganz neue Möglichkeiten. So gab es nicht nur mehr Geld, sondern auch zunehmend mehr Angebote, nicht nur, aber auch im Bereich der bildenden Kunst.

In seiner zwanzigjährigen Amtszeit brachte Hoffmann insgesamt zehn neue Museen und Kulturinstitutionen auf den Weg, darunter das erste Architektur- und das erste Filmmuseum der Bundesrepublik (beide 1984 eröffnet) sowie das erste Jüdische Museum (1988). Er initiierte das Kommunale Kino (1971; heute im Filmmuseum ansässig) und die Kommunale Galerie im Leinwandhaus (1973) und sorgte dafür, dass die freie Kunst- und Kulturszene eine regelmäßige städtische Förderung erfuhr.

Über all diesen Initiativen und Ideen stand der Leitsatz, den Hoffmann 1979 zum Titel einer seiner zahlreichen Veröffentlichungen gemacht hatte: „Kultur für alle“. Kulturelle Einrichtungen sollten allen Bürger*innen offenstehen, auch und gerade denen aus den sogenannten bildungsfernen Schichten. Dazu gehörten neben den Museen, Theatern und Bühnen auch Bürgerhäuser, die Vereinen eine Heimat gaben, oder Stadtteilbibliotheken und Bücherbusse, die vielen Menschen einen Zugang zur Literatur eröffneten. Dabei sollten die Angebote nicht nur möglichst niedrigschwellig, sondern auch erschwinglich, bestenfalls kostenlos, sein: Museen etwa galten Hoffmann als „Lernorte“, die keinen Eintritt erheben sollten.

CK

 

------------------------------------------1990------------------------------------------

Neuer Portikus – ein Ausstellungsort für die Städelschule

Juni 1990: In Italien wird Fußball gespielt – die Weltmeisterschaft ist in vollem Gange. Als Sieger geht Deutschland hervor, was die Macher*innen der Ausstellung Fußball-WM 1990 – Das Regime der Bilder natürlich nicht vorhersehen können. Sicher aber können sie sein, dass das Thema auf großes Interesse stößt – ein Interesse, das wiederum dasjenige an Kunst wunderbar befeuert, wenn man beides kombiniert. So werden im Portikus an insgesamt 24 Tagen 52 Spiele per Liveübertragung aus Italien gezeigt, und dazu 110 Stunden Videokunst aus aller Welt.

Die Frage, der die Ausstellung hiermit nachgehen möchte, ist eine immer wieder gestellte: Was ist Kunst? Ist Kunst nur das, was Kunst nach der traditionellen Interpretation des Begriffs ist? Welcher Medien bedient sich Kunst heute, und inwiefern ist sie abhängig von diesen Medien und ihrer Funktionsweise? Und welche Wirkung entfaltet sie letztlich? Klassische Videokunst, Computeranimationen und wissenschaftliche Visualisierungen treffen aufeinander. Bill Viola, William S. Burroughs und Peter Weibel sind nur drei der gezeigten Positionen. Eingebettet ist die Ausstellung in eine Club-Atmosphäre inklusive Barbetrieb und kulinarischen Angeboten der „Freien Köche“ der Städelschule.

Was die Städelschule für in der Ausbildung befindliche junge Künstler*innen ist, ist der 1987 gegründete Portikus für ihre Ausstellungsaktivitäten: ein Raum zum Entfalten, Experimentieren und Interagieren. Zunächst war er in den Überresten – dem Portikus – des klassizistischen Baus der Alten Stadtbibliothek untergebracht. Die Initiative zur Gründung war von Kasper König ausgegangen, der zwei Jahre später das Amt des Städelschulrektors übernahm. Eingeweiht zur Buchmesse 1987, widmete sich die erste Ausstellung dem Schweizer Grafiker und Objektkünstler Dieter Roth. Das Ende des schnörkellosen White Cube kam, als die Stadt plante, das Literaturhaus Frankfurt dort anzusiedeln.

Nach einem vorübergehenden Quartier im Leinwandhaus bezog der Portikus 2006 ein eigens errichtetes Gebäude auf der Maininsel. Verantwortlich für den Entwurf zeichnete der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler; als Financier trat die Stiftung Giersch auf. Seitdem ist der Neue Portikus nicht nur architektonisch ein Fixpunkt in der Stadtlandschaft, sondern auch künstlerisch – zeigt er doch aufstrebende wie etablierte Künstler*innen von internationalem Rang, auch und gerade aus dem Umkreis der Städelschule, wie etwa Manfred Stumpf, Christa Näher und Anne Imhof.

Auch die Städelschule selbst entwickelte sich weiter, geprägt durch Rektoren, die Neuerungen einführten. Zum Teil sind diese bis heute gültig. Raimer Jochims etwa sorgte dafür, dass Mitte der 1970er-Jahre in der Satzung verankert wurde, dass sich alle – also nicht nur Lehrende, sondern auch Studierende – an Abstimmungen zu wichtigen Entscheidungen beteiligen können. Peter Kubelka führte die Klasse für Film und Kochen ein – was sich noch heute in der nicht nur bei Schulangehörigen beliebten Mensa niederschlägt. Die Rektoren Daniel Birnbaum, Nikolaus Hirsch und Philippe Pirotte richteten die Inhalte und insbesondere den Lehrkörper zunehmend international aus und konnten Lehrende wie Willem de Rooij und Peter Fischli gewinnen. Seit 2020 schließlich ist mit Yasmil Raymond die erste Frau in der über zweihundertjährigen Geschichte der Städelschule am Ruder.

CK

 

---------------------------------------2014/2016-------------------------------------

Atelierhäuser in der City

ATELIERFRANKFURT – Hessens größtes Atelierhaus

September 2014: Für den Umbau der neuen Räumlichkeiten des ATELIERFRANKFURT fehlen noch immer rund 150.000 Euro – dabei soll im November bereits eröffnet werden. Die ersten Künstler*innen sind schon dabei einzuziehen, und doch mangelt es aktuell noch an elementaren Dingen. Bei der Vorstellung des Projekts für die Presse schildert es Direktorin Corinna Bimboese anschaulich: „Die Kunst war da, aber wir hatten keine Türen.“ Was also tun? Es wird die Idee zu einer Benefizauktion auf den Weg gebracht, die am 11. September in einem Zelt im Hof des Gebäudes in der Schwedlerstraße stattfindet.

Auch wenn die fehlende Summe das zunächst nicht vermuten lässt, hat das ATELIERFRANKFURT viel Unterstützung erfahren. Eine Viertelmillion Euro ist dank des Kulturamts sowie großzügiger Spenderinnen aus der Frankfurter Stadtgesellschaft zusammengekommen. Die Kunstwerke für die Auktion sind ebenfalls Spenden von Künstlerinnen und Galerien, darunter arrivierte wie Thomas Bayrle, der ein Motiv aus den 1980er-Jahren beisteuert, Katharina Grosse, Martin Liebscher, Tobias Rehberger und Jörg Sasse. In einer „Silent Auction, bei der die Gebote in einer Box hinterlegt werden, kommen außerdem junge Positionen zum Zuge – meist mit solchen Werken, die direkt im ATELIERFRANKFURT entstanden sind.

Der gemeinnützige Verein des ATELIERFRANKFURT gründete sich 2004, hervorgegangen aus einer privaten Initiative, die sich um bezahlbare Atelierräume bemühte. Bis 2013 residierte man in einem Bau in der Hohenstaufenstraße, der zuvor Teil des alten Polizeipräsidiums war. Schnell etablierte sich das Haus als beliebter Kulturort für die Frankfurter freie Szene. Das Ende des Mietverhältnisses (später folgte der Abriss des Gebäudes) machte die Suche nach einem neuen Standort notwendig. Und damit ging eine deutliche Vergrößerung einher – rund 140 Ateliers für über 220 Künstler*innen und Kreative sind es am Osthafen. Damit ist das ATELIERFRANKFURT das größte Atelierhaus Hessens – und eines der größten in ganz Deutschland.

basis e. V. – internationale Drehscheibe

Der andere große Verein in Sachen junge Kunst ist basis e. V., gegründet 2006 von dem Kunsthistoriker Felix Ruhöfer und dem Künstler Jakob Sturm. Um eine Vielzahl kreativer Prozesse am Standort Frankfurt anzustoßen und weiterzuentwickeln, nutzt der Verein ein umfassendes Modell der Förderung, das auf drei Säulen beruht: auf der Bereitstellung von günstigen Arbeitsräumen, der Präsentation von Ausstellungen sowie internationalen Austauschprogrammen für Kunstschaffende und Kurator*innen. Die wohl bekannteste basis-Mieterin war Anne Imhof, die mit ihrer Gestaltung des Deutschen Pavillons auf der Biennale 2017 Weltruhm erlangt hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie schon ein eigenes Atelier, dem Frankfurter Bahnhofsviertel blieb sie jedoch treu. 2016 hat die Stadt Frankfurt das Haus in der Gutleutstraße 8–12 vom Land Hessen erworben, so die institutionelle Förderung bekräftigt und dem Haus Planungssicherheit verschafft.

Im selben Jahr sind das Kulturamt und basis e. V. mit dem Artist-in-Residence-Programm AIR_Frankfurt für bildende Künstlerinnen eine erfolgreiche Kooperation eingegangen. Es verfolgt das Ziel, den internationalen Austausch zwischen Frankfurt und aufstrebenden Kunstzentren weltweit zu fördern. Frankfurter wie internationale Nachwuchskünstlerinnen erhalten während dreimonatiger Gastaufenthalte die Möglichkeit, neue Perspektiven auf die eigene künstlerische Praxis zu gewinnen, neue Werke zu schaffen und sich international zu vernetzen. ATELIERFRANKFURT und basis e. V. – dies sind nur zwei Beispiele für Förderung und Möglichkeiten, die die freie junge Kunstszene in der Mainmetropole erfährt und vorfindet.

CK



Zum Weiterlesen

Hilmar Hoffmann: Kultur für alle. Perspektiven und Modelle, Frankfurt am Main 1981.

Rolf Lauter (Hg.): Kunst in Frankfurt. 1945 bis heute, Frankfurt am Main 1995.

Entfesselte Form. Fünfzig Jahre Frankfurter Quadriga, Ausst.-Kat. Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie Frankfurt am Main 2002/03, Frankfurt am Main/Basel 2002.

Dieter Rebentisch, Evelyn Hils-Brockhoff (Hg.): Kunst und Künstler in Frankfurt am Main im 19. und 20. Jahrhundert (= Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Bd. 69), Frankfurt am Main 2003.

Uwe Fleckner, Max Hollein (Hg.): Museum im Widerspruch. Das Städel und der Nationalsozialismus, Berlin 2011.

Freiraum der Kunst. Die Studiogalerie der Goethe-Universität Frankfurt 1964–1968, Ausst.-Kat. Museum Giersch der Goethe-Universität Frankfurt am Main 2018, Petersberg 2018.

Moderne am Main 1919–1933, Ausst.-Kat. Museum Angewandte Kunst Frankfurt am Main 2019, Stuttgart 2019.